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Maulkorbpflicht in Deutschland – was ist zu beachten?

Der Hunde-Maulkorb ist nach wie vor ein brisantes Thema. Wann ist das Tragen eines solchen Maulkorbes Pflicht? Wie trainiert man den Hund entsprechend? Und was passiert bei Nichtbeachtung? Jeder Hundehalter muss über die Maulkorbpflicht genausten informiert sein.

Welche Funktion hat der Maulkorb?

Der Maulkorb ist im Prinzip ein Geflecht, festes Gewebe oder ein Metallkorb, womit die Schnauze des Hunde abgedeckt wird. Zulässig sind nur Konstruktionen, die dem Hund weiterhin erlauben nach Bedarf zu atmen, zu hecheln sowie wenn nötig, zu trinken. Durch den Maulkorb ist es dem Tier jedoch nicht mehr möglich den Kiefer so weit aufzuspannen, dass es beißen oder schnappen könnte. Demzufolge sind Maulkörbe quasi ein Beiß-Schutz.

Dabei sollen in erster Linie andere Menschen, jedoch auch andere Tiere, geschützt werden. Vor Biss-Attacken, vor gefährlichen Angriffen und Infektionen. Diese können durch Keime im Hundemaul in eine offene Wunde gelangen und schwerwiegende Krankheiten auslösen. Ein typisches Beispiel ist die Tollwut.

Nun gibt es in Deutschland bzw. allen EU-Mitgliedstaaten jedoch eine Impflicht für Hunde. Sie umfasst unter anderem auch Tollwut. Ebenso ist die Leinenpflicht grundlegend im Ordnungsgesetz verankert. Allein dadurch wird der Hund nah beim Hundehalter geführt und hat lediglich einen geringen Radius zur Interaktion verfügbar. Dennoch gilt in bestimmten Regionen, und nicht zu vergessen in bestimmten Situationen, eine zusätzliche Maulkorbpflicht.

Mit oder ohne Maulkorb – wer legt die Vorschriften fest?

Eine bundesweit einheitliche Regelung zur Maulkorbpflicht existiert nicht. Jedes Bundesland entscheidet eigenständig über die Verbote und Gebote zur Tierhaltung. Zum Teil erheben sogar einzelne Gemeinden Vorschriften, die primär den öffentlichen Bereich, also das Stadtgebiet, betreffen.

Darüber hinaus haben Schifffahrts-Gesellschaften, Betreiber des öffentlich Nahverkehrs sowie die Deutsche Bahn eine Maulkorbpflicht angeordnet. Sie gilt speziell auf Fähren, in Bussen, Straßenbahnen, U-Bahnen und Zügen. Passagiere, die mit Hund reisen, müssen sich demnach vorab informieren. Teilweise muss der Maulkorb schon vor dem Betreten angelegt werden, mit anderen Worten auch im Bereich der Haltestelle. Anderen Betreibern genügt das Mitführen des Maulkorbes sowie dass dieser bei Aufforderung seitens des Personals anzulegen ist. Der Leinenzwang ist in öffentlichen Bereichen obligatorisch.

Sowohl Länder und Kommunen als auch der Öffentliche Nahverkehr weisen in entsprechenden Portalen und Webseiten auf die jeweiligen Bestimmungen hin. Sich zu informieren obliegt den Hundehaltern selbst. Auf Nachfrage sollte jedoch immer eine verbindliche Aussage erwartet werden können.

Bei Nichtbefolgung der Maulkorbpflicht drohen ebenso wie bei einem Verstoß gegen den Leinenzwang hohe Geldstrafen. Das Bußgeld wird von der Gemeinde festgelegt, in der die Ordnungswidrigkeit begangen wurde.

Innerhalb der Maulkorbpflicht-Regelungen werden weitere Einzelbestimmungen differenziert. So spielt die Größe des Hundes eine Rolle, dessen Alter, Rasse und dementsprechende Einstufung in sogenannten Rasselisten. Eine derartige Klassifizierung erfolgt durch Experten an Hand analysierter Statistiken. Hierzu zählen Beiß-Vorfälle, auffälliges Verhalten, Zuchtziele und körperliche Merkmale.

Listenhunde haben ein erhöhtes Gefährdungspotential

Umgangssprachlich werden sie auch Kampfhunde genannt, im Fachjargon Listenhunde. Hier werden jene Vertreter ihrer Spezies aufgeführt, die als vermeintlich gefährlich gelten bzw. bereits durch Angriffe auf Menschen und Tiere aufgefallen sind.

Diese Listen werden ebenfalls regional aufgestellt. Fast immer benannt sind allerdings:

  • Bullterrier
  • Staffordshire Bullterrier
  • American Staffordshire Terrier
  • American Pitbull Terrier
  • Rottweiler
  • Tosa Inu

Statisch gesehen, zählen selbst Dackel und Spitz zu den beißwütigen Hunderassen. Nur sind die Folgen hierbei minimal. In der Regel werden bei Angriffen durch kleine Hunderassen höchstens leichte Verletzungen gemeldet. Eher ein Fall für die Versicherung, denn für die Kriminalpolizei.

Bei den Kampfhunden hingegen werden schwere Verletzungen, zum Teil mit Todesfolge, gemeldet. Parallel zur Maulkorbpflicht wird daher zusätzlich eine erhöhte Hundesteuer für die Halter solcher Tiere angesetzt. Dahinter steckt die Absicht unüberlegte Anschaffungen zu vermeiden.

Warum müssen auch „normale“ Hunde einen Maulkorb tragen?

Nicht nur Kampfhunde unterliegen der Maulkorbpflicht. Ausgenommen sind zwar in der Regel alle Tiere unter 6 Monaten und unter einer bestimmten Schulterhöhe – doch auch zahlreiche mittelgroße und große Hunde müssen sich immer öfter den Maulkorb anlegen lassen.

In Nürnberg und München müssen Kampfhunde ab 6 Monaten in der Öffentlichkeit einen Maulkorb tragen.

In Nordrhein-Westfalen wird die Regelung auf spezifische Terrierarten ausgeweitet.

In Brandenburg wird für kleine wie große Hunde, unabhängig von der Rasse, ein Maulkorb verlangt.

Zulässig sind zum Teil explizite Ausnahmen, bei denen nachgewiesen werden kann, dass der Hund nicht gefährlich ist. Der Besuch einer Hundeschule, professionelle Ausbildungen oder ein Wesenstest können dafür bürgen. Beurteilt wird dabei nicht nur der Vierbeiner selbst, sondern auch sein Besitzer.

Nervöse und unsichere Hunde

Nicht jeder Kampfhund ist zwangsläufig gefährlich. Im Gegenzug ist nicht jeder friedliche Hund harmlos. Vor allem in Stresssituation ist das Verhalten der Vierbeiner unberechenbar. Aus Unsicherheit, Angst oder weil er von Menschenmassen bedrängt wird, kann ein Hund überraschend anfangen zu beißen. Womöglich möchte er nur jemanden verwarnen und auf Abstand halten. Oder er fühlt sich so bedroht, dass er seine einzige Chance im Angriff sieht.

Gerade Tiere, die aus schlechter Haltung stammen und vielleicht negative Erfahrungen gemacht haben, verlieren ihre soziale Empathie. Sie wissen schlicht weg nicht, wie sie sich in gewissen Situationen zu verhalten haben. Kommt dann kein oder ein falsches Signal vom Besitzer, gerät die Sache außer Kontrolle. Eine Leine reicht im engen Fußraum einer überfüllten Bahn nicht aus, um den Hund aus der Situation zu nehmen und diese ruhig zu klären. Ein Biss ist dann schnell passiert, bevor jemand eingreifen kann.

Übermütige, ungehorsame Hunde

Vor allem Junghunde haben ihr Temperament noch nicht im Griff. Ohne die nötige Erziehung sind sie überschwänglich und mit entsprechender Körpermasse und Kraft nur schwer per Leine zu bändigen. Wenngleich nicht mit böser Absicht schnappen solche Tiere unerwartet zu: Nach dem Brötchen in der Hand eines Kindes, nach einem anderen Hund, der spielen will oder in das Hosenbein, das gerade vorbei läuft und so schön flattert.

Dabei reißen sie mit einem Ruck an der Leine, den der Besitzer kaum vorher ahnen kann. Unweigerlich werden beide einige Meter weit katapultiert in eine vielleicht folgenschwere Situation. Treffen zwei oder mehr solcher ungezügelter Temperamente aufeinander, entsteht schnell eine Keilerei. Die Tiere bewegen sich dabei so geschwind, dass die Menschen meistens nur machtlos daneben stehen. Im Zweifelsfall sogar dazwischen. Auch dann fängt sich der Besitzer schon mal vom eigenen Vierbeiner einen Biss ein oder wird beim Versuch, die Hunde auseinander zu bringen, anderweitig verletzt. Ebenso können Unbeteiligte zwischen die Fronten geraten.

Nicht selten handelt es sich bei derartigen Konflikten um unkastrierte Hunde oder um noch junge Hunde von etwa ein bis zwei Jahren, die ihre Kräfte messen wollen.

Für die Naschkatzen unter den Hunden

Unabhängig von gesetzlichen Pflichten und Leinenzwang entscheiden sich viele Hundebesitzer freiwillig für den Maulkorb. Der Grund: Ihr Vierbeiner frisst einfach alles, was nicht niet- und nagelfest ist. Kaum ist die Nase auf dem Boden, geht der instinktive Staubsauger an und allerhand Unrat landet im Hundemaul bzw. im Magen. Dabei kommt es den Besitzern weniger auf die gesunde Ernährung an, sondern darauf, ihren Hund durch den Maulkorb zu schützen. Und zwar vor Fremdkörpern wie Glasscherben, aber auch vor Giftködern und dem Aufnehmen von Ausscheidungen anderer Tiere. Nicht nur die Verletzungs- und Vergiftungsgefahr ist enorm, auch die Ansteckungsgefahr.

Der Maulkorb kann hier bedingt Abhilfe schaffen, ersetzt aber keine Erziehung und schon gar nicht die Leine. Gleichfalls aus freien Stücken wird der Maulkorb angelegt, um fremde Menschen davon abzuhalten, den Hund ungefragt zu füttern. Zum Beispiel wenn das Tier während des Einkaufs vor dem Geschäft angebunden warten muss. Manche Passanten interpretieren den Hundeblick als Betteln und verfüttern ihr Fischbrötchen oder Ähnliches. Besonders aber Allergiker und kranke Hunde können auf nicht artgerechtes Futter äußerst empfindlich reagieren. Auch hier kann der Maulkorb den Hund schützen.

Besuch beim Tierarzt

Der Gang zum Tierarzt ist für Hunde eine weitere Herausforderung, in der sie sich oft ungewöhnlich verhalten. Sogar sonst selbstsichere Hunde verlässt hier der Mut und sie greifen mitunter Arzthelfer oder den Tierarzt persönlich an. Das Schnappen nach Herrchen oder Frauchen unter solchen Umständen ist ebenfalls möglich. Einige Praxen verweisen dann ebenfalls auf den Maulkorb, damit die Behandlung störungsfrei von statten gehen kann, ohne Tier oder Mensch zusätzlich zu verletzen.

Unsichere Menschen

Im Umkehrschluss wird aus Rücksicht auf Mitmenschen, denen womöglich die Erfahrung im Umgang mit Tieren fehlt oder die Angst vor ihnen haben, die Maulkorbpflicht speziell in Stadtzentren und Öffentlichen Verkehrsmitteln gefordert. Hierbei soll ebenso die Situation zwischen den Menschen selbst entspannt werden. Hundehalter, die einen Maulkorb verwenden, zeigen somit auch Verständnis. Schließlich mag es nicht jeder, von einem fremden Hund abgeleckt oder angeknabbert zu werden.

Maulkorb tragen will gelernt sein

Es ist nicht ratsam, einem unerfahrenen Hund spontan in einer Stresssituation einen Maulkorb anzulegen. Dadurch wird der Stress-Pegel nur gesteigert. Die gewünschte Wirkung, mehr Sicherheit zu suggerieren, geht dadurch am Hund völlig vorbei. Sieht sich das Tier womöglich das erste Mal in seinem Leben mit einer Busfahrt konfrontiert oder mit einem Stadtfest, ist die Aufregung ohnehin groß genug. Kommt dann ein unangenehmes Gerät am Maul dazu, dass die Bewegungsfreiheit einschränkt und das Schnüffeln behindert, reagieren viele Hunde aggressiv. Und zwar dem Maulkorb gegenüber. Sie versuchen ihn vehement abzustreifen und verfangen sich immer mehr im Stress.

Nach einem derartigen Erlebnis verbindet der Hund womöglich das Tragen des Korbes prinzipiell mit unliebsamen Szenarien und es wird für den Besitzer nur noch schwierigen, den Maulkorb anzugewöhnen.

Stattdessen empfiehlt es sich, bereits bei der frühzeitigen Erziehung des Welpen bzw. des Junghundes den Korb spielerisch einzubeziehen. Auch wenn die Maulkorbpflicht vielleicht im eigenen Wohnsitz aktuell nicht gilt, kann sich dies in ein paar Jahren ändern. Ebenso kann durch Umzug oder Urlaubsreisen das Thema Maulkorb plötzlich zur Debatte werden. Dann ist eine solide Vorbereitung, für Hund und Hundehalter gleichermaßen, Gold wert.

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